4. Schulwoche – Hygiene, Techn. Rettung auf dem Übungsgelände und die ersten OSCE Prüfungen

Wegen des “Sechseläuten“, einer der höchsten Feiertage in Zürich, hatten wir am Montag frei und konnten ein langes Wochenende geniessen. Ich persönlich freute mich, nach zwei Wochen wieder einmal ein paar Tage Zuhause in Liechtenstein zu sein. Einige von uns trafen sich am Montag um zu lernen und üben, andere wiederum trafen sich in Zürich, um dem Treiben des “Sechseläuten“ mitzuerleben. In der verkürzten Woche standen wieder neue Themen auf dem Programm. Zudem wurden wir das erste Mal praktischen geprüft.

Hygiene im Rettungsdienst

Direkt nach dem verlängerten Wochenende starteten wir mit dem Thema “Hygiene”. Aus meiner Sicht ein sehr wichtiges Thema im Rettungsdienst. Man könnte meinen, dass ein solcher Unterricht etwas trocken und langweilig daher kommt. Doch die Dozentin konnte mit ihrer lockeren und humorvollen Art, und der grossen Erfahrung, den Unterricht sehr spannend und interessant gestalten. Der Unterricht beinhaltete u. a. folgende Themen:

  • Persönliche Schutzausrüstung (kurz PSA), wie z.B. Schutzbrille, Handschuhe, Einweg-Untersuchungshandschuhe, Hygienemaske, usw.
  • Korrekte Anwendung der PSA
  • Hände waschen
  • Hände desinfizieren
  • Hautschutz & Hautpflege
  • Entsorgung (u.a. von Wäsche, Körperflüssigkeiten, Abfall)
  • Keime und Infektionen
  • Allgemeine Präventionsmassnahmen

Ich habe viel Neues bezüglich Hygiene dazugelernt, und erfahren, worauf ich in der praktischen Arbeit im Rettungsdienst achten muss.

Techn. Rettung auf dem Übungsgelände

Am Mittwoch verbrachten wir den ganzen Tag auf dem Übungsgelände und übten verschiedene Methoden der Personenbergung aus dem Fahrzeug. Im Fokus standen die Rapid Extrication (ohne Boa) und das KED. Aufgeteilt in vier Gruppen konnten wir diese Rettungsmethoden mehrmals durchführen und üben. Die Rapid Extrication Methode dient der schnellen Rettung eines kritischen Traumapatienten aus einem Auto. Gegenüber der Crash-Bergung wird bei der Rapid-Bergung der Patient möglichst schonend und achsengerecht aus dem Fahrzeug geholt. Die grössten Herausforderungen sind dabei die personellen Ressourcen. Im Rettungsdienst ist man meistens zu zweit unterwegs. Für eine schonende Bergung wären jeweils drei oder mehr ausgebildete Retter notwendig.

Die Bergung mit dem KED (Kendrick Extrication Device) ist eher eine veraltete Bergungsart und kommt nur noch selten zum Einsatz. Einige Rettungsdienste haben sich bereits von dieser Methode verabschiedet. Sie ist aufwendiger und beansprucht mehr Zeit für die Vorbereitungen. Daher ist sie nur für „nicht kritische“ Traumapatienten geeignet.

Vertiefungs-Unterricht

Wir haben bereits einige Skills kennengelernt und geübt. Am Donnerstag hatten wir nochmals die Möglichkeit, diese zu vertiefen und einige erweiterte Massnahmen kennenzulernen und zu studieren. Auch hier konnten wir wieder von den Erfahrungen der Dozenten profitieren. Konkret haben wir die erweiterten Behandlungsmethoden bei Verbrennungen, Amputationen und Knochenfrakturen kennengelernt und vertieft.

Wärmehaushalt (Naturw. Grundlagen)

Dies war ein weiterer interessanter Theoriebock in dieser Woche. Hier haben wir unter anderem gelernt, wie der menschliche Körper seine Temperatur reguliert, welche Methoden es für die Körpertemperatur-Messung gibt und warum wir eigentlich schwitzen. Dieses Thema ist für unsere Arbeit im Rettungsdienst sehr wichtig. Besonders im E des Primary Survey spielen die Körpertemperatur und der Wärmeerhalt eine wichtige Rolle. Vor allem verletzte, bewusstlose oder alkoholisierte Menschen sind von einer Unterkühlung gefährdet. Bei besonders stark unterkühlten Patienten müssen wir sehr schonend vorgehen, damit es nicht zum Bergungstod kommt. Aber auch bei der Überhitzung müssen wir die verschiedenen Arten (Hyperthermie, Hitzekollaps, Hitzeerschöpfung, Hitzeschlag) kennen und unterscheiden können, und wissen, wie wir dies behandeln müssen.

1. OSCE-Prüfungen (BLS-AED)

Am Freitag stand dann die erste praktische Lernkontrolle an. Dabei wurden wir auf die korrekte Anwendung der BLS-AED-Methode geprüft. Obwohl es eigentlich eine recht einfache und überschaubare Prüfung war, waren wir doch alle ein wenig aufgeregt (im positiven Sinn natürlich). Bei der BLS-AED (Basic Life Support – Automated External Defibrillator) handelt es sich um die einfache Herz-Lungen-Wiederbelebung, quasi die Laien-Reanimation. Wir haben in unserer weiteren Ausbildung nur noch sehr wenig damit zu tun. Wir als angehende dipl. Rettungssanitäter wenden im Einsatz den ALS (Advanced Life Support) ein, eine professionelle Methode mit erweiterten Massnahmen.

Diese OSCE-Prüfung wurde im 2er-Team absolviert. Es gab zwei Durchgänge, wobei jeder einmal den Lead übernehmen musste. Man wurde jeweils nur in der Leader-Position bewertet. Ziel war es, ein Fallbeispiel entsprechend einer vorgegebenen Checkliste abzuarbeiten. Diese Checkliste mussten wir natürlich auswendig lernen und stand uns beim Fallbeispiel (Prüfung) nicht zur Verfügung. Die Checkliste beinhaltete u.a. ein Scene Assessment, General Impression, erkennen eines Herzkreislauf-Stillstand, die korrekte Durchführung der Reanimation, das Erkennen eines ROSC’s (Return of spontaneous circulation), Kommunikation mit dem Teampartner usw.

Die nächste OSCE-Prüfung findet in der 6. und somit letzten Schulwoche von diesem ersten Schulblock statt. Dann werden folgende Skills geprüft: Güdeltubus, Wendeltubus, manuelle Manöver Airway und Absaugung.

3. Schulwoche – Technische Rettung, Zytologie, Biochemie und Infusionen ….

Auch in der 3. Woche ging es wieder praktisch, sowie auch zum ersten Mal theoretisch, so richtig zur Sache. Ich persönlich kam am Ende der Woche etwas an meine Grenzen. Aber alles der Reihe nach.

Technische Rettung Besonders nach Verkehrsunfällen ist es sehr wichtig, dass man die verunfallten Personen sicher rettet und betreut, ohne dabei weitere schwere Verletzungen zu riskieren. Aus diesem Grund haben wir zu Beginn der Woche einen Teil der verschiedenen Methoden dertechnischen Rettung angeschaut. Dazu gehörten u. a. die korrekte Entfernung des Helms bei einem Motorradunfall, die Ganzkörper-Immobilisation bei Verdacht auf eine Rückenverletzung (z.B. bei einem Sturz, einem Verkehrs- oder Sportunfall, usw.) und der richtige Umgang mit dem Rettungsbrett, der Schaufeltrage und der Vakuummatratze. Der Unterricht war vor allem praktisch ausgerichtet und natürlich wieder sehr interessant. Jeder von uns konnte die verschiedenen Skills mehrmals ausprobieren und üben. Ich fand es vor allem spannend, selber einmal in eine Vakuummatratze verpackt oder auf dem Rettungsbrett festgebunden zu werden. So erfährt man, wie sich der Patient fühlt, und wie wichtig ein rücksichtsvoller Umgang, ständiges in Kontakt bleiben und eine fortlaufende Informationsabgabe an den Patienten ist.

Vakuummatratze (Foto: M.S.)

Histologie & Zytologie In der 3. Woche folgten nun die ersten fachliche herausfordernden Theorieblöcke wie Histologie und Zytologie. Histologie beschreibt die Wissenschaft von den Geweben des menschlichen Körpers und Zytologie jene der Zelle, ihrem Aufbau und ihren Funktionen. Hier war es sehr wichtig, sich bereits vor den Lektionen entsprechend vorzubereiten. Zum Beispiel mit unserem Biologie – Anatomie Buch oder mit Lernvideos, die man im Internet findet. In diesen ersten Lektionen wurden uns die Lernziele abgegeben und die wichtigsten Grundlagen erklärt. Diese Themen sind sehr anspruchsvoll und umfangreich. Ich hatte mich zuvor noch nie mit Zellen, Zellorganellen usw. auseinander gesetzt, daher muss ich mich noch intensiv damit auseinander setzen. Bis zu den ersten Prüfungen Ende Juni liegt es nun an uns, diese Themen zu lernen und zu vertiefen. Hier ein kleiner Auszug aus den Lernzielen:

  • Die Zelle als elementare Funktionseinheit umschreiben.
  • Den Vorgang der Proteinsynthese erklären.
  • Benennen, was bei der Zellatmung chemisch vor sich geht
  • Den Aufbau, die Aufgabe und die Funktionsweise der folgenden Organellen erläutern: Zellkern, Ribosomen, Endoplasmatisches Retikulum, Golgi-Apparat usw.

Infusionen & Injektionen Zum Ende der Woche wurde es dann nochmals sehr spannend. Wir konnten uns zum ersten Mal gegenseitig peripher-intravenöse Zugänge legen. Für mich war es jedoch eine echte Herausforderung. Der Gedanke, die Haut bzw. die Vene eines anderen Menschen zu punktieren, war für mich immer unvorstellbar. Beim dipl. Rettungssanitäter gehört dies aber zur täglichen Arbeit. Daher musste ich mich schon im Vorfeld damit auseinander setzen. Einen ersten kurzen Theorie- und Praxis-Input hatten wir bereits am Montag erhalten, bei dem wir den Umgang bzw. die Vorbereitung von Infusionen und Medikamente lernen konnten. Dabei spielt die Hygiene eine sehr wichtige Rolle. Am Donnerstag konnten wir das erste Mal den Umgang mit der Venenverweilkanüle (auch unter dem Handelsname Venflon® bekannt) an einem Gummiarm üben. In einem ersten Schritt stand der korrekte Umgang mit der Venenverweilkanüle im Vordergrund. In einem weiteren Schritt mussten wir den richtigen Ablauf, unter Berücksichtigung der Hygiene, beachten. Am Freitag Nachmittag war es dann soweit, wir konnten uns das erste Mal gegenseitig einen echten Zugang legen. Den ganzen Nachmittag waren wir damit beschäftigt, das gelernte der letzten Tage in der Praxis umzusetzen. Alle waren mit sehr viel Motivation und Interesse dabei. Einige von uns kamen aus medizinischen Berufen (Dipl. Pflegefachleute HF, FaGe, MPA) und hatten bereits Erfahrung beim Legen von peripher-intravenösen Zugängen. Sie standen uns dann, neben dem Dozenten, mit Rat und Tat zur Seite.

Meine persönliche Erfahrung Als ich mich vor drei Jahren dazu entschloss, die Ausbildung zum dipl. Rettungssanitäter HF zu absolvieren, war mir auch klar, dass der Tag kommen wird, an dem ich zum ersten Mal einem Menschen einen spitzigen Gegenstand (Nadel, Spritze, Venenverweilkanüle) unter die Haut schieben muss. Als der Tag dann da war, war ich verständlicherweise sehr nervös. Ich wusste, dass das erste Mal am schwierigsten ist, und dass es mit jedem weiteren Mal einfacher wird. Mein Ziel war es, nicht zu viel nachzudenken und es einfach zu tun. Das ist aber einfacher gesagt als getan. Den Anfang überliess ich dann meinem Kollegen. Hierbei spielt natürlich das Vertrauen eine grosse Rolle. Man hat sich bereits im Vorfeld Gedanken gemacht und seinen Partner ausgesucht. Mir war es dabei wichtig, dass mein Partner neben Vertrauen auch Geduld mitbringt. Als ich dann an der Reihe war, hat mir der Dozent vorgeschlagen, in einen separaten Raum zugehen, in dem ich ungestört meinen ersten Versuch durchführen konnte. Es hat verdammt viel Überwindung gebraucht. Beim ersten Versuch lief es leider nicht wie erwünscht. Aber beim zweiten Versuch habe ich es dann geschafft und habe meinen ersten Zugang erfolgreich gelegt. Ich war sehr erleichtert und stolz auf mich. Dies ist einer der Momente, die man nicht mehr so schnell vergisst. Anschliessend haben wir es noch ein paarmal versucht. Meine Bilanz am Ende des Tages war, drei von fünf Versuchen waren erfolgreich. Damit kann ich auf jeden Fall zufrieden sein. Hier noch einen kurzen Zusammenschnitt des 3. und 5. Versuchs:

Infusionen & Injektionen – Meine Tipps an dich

  • Wenn du unsicher bist, zerbrich dir nicht den Kopf. Mein Dozent meinte, „nach dem 3. Versuch machst du dir keine Gedanken mehr.“ Ich kann dir bestätigen, dass es so ist.
  • Such dir einen Partner aus, dem du Vertraust.
  • Lass dich von einem Misserfolg nicht verunsichern. Auch geübte und erfahrene Rettungssanitäter benötigenhin und wieder 2-3 Versuche.
  • Such dir zuerst eine passende Vene aus (evtl. markieren), und bleib dabei.
  • Kommunikation: Informiere deinen Partner bevor du ihn stichst. Hol fortlaufend ein Feedback ein, was geht und was nicht geht (Schmerzen)
  • Falls du Ruhe brauchst, frag deinen Dozenten, ob es möglich ist, den ersten Versuch in einem separaten Raum durchzuführen. Mir hat dies sehr geholfen.
  • Falls du Mühe hast, wenn man dir einen Zugang legt, sprich mit deinem Partner darüber und leg dich beim ersten Mal auf den Boden (Matte).
  • Übe so viel du kannst, Übung macht ja bekanntlich den Meister.